Josef Henselmann: Kreuz St. Michael

Foto: Florian Jung

In den späten 1960er Jahren war in Plattling aufgrund des Bevölkerungszuwachses und der damit verbundenen Wohnbebauung nördlich des historischen Ortes die Gründung einer zweiten Pfarrei notwendig. Daher wurde zwischen 1969 bis 1971 die Kirche Sankt Michael gebaut. In ihrer schmucklosen Geradlinigkeit ist sie ein Beispiel für die Architekturmoderne jener Zeit beziehungsweise für das Ideal des „demokratischen Bauens“. Damit in Zusammenhang steht die Liturgiereform, die in der katholischen Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) umgesetzt wurde.   
Die Pläne für Sankt Michael stammen von dem Münchener Architekten Friedrich Haindl (1910 bis 2002), die Ausstattung wurde von dem Bildhauer Josef Henselmann (1898 bis 1987, ebenfalls München) entworfen. Im Inneren herrscht zwar eine offene und freie Atmosphäre vor, das Ideal des Zentralraumes wurde jedoch nicht konsequent verwirklicht, da ein Chor vorhanden ist. In diesem befindet sich das große, aus Pappelholz geschnitzte Kruzifix, das nach seiner Entstehung im Jahre 1969 in der Großen Kunstausstellung in München zu sehen gewesen war: Der Korpus ist 3,40 Meter hoch, die verzerrten anatomischen Formen sowie die teilweise raue Oberfläche bringen das Leiden Christi drastisch zum Ausdruck. Diese beklemmende Wirkung wird in der Kirche durch zwei Kunstgriffe relativiert: Da das Kreuz nur an zwei Stahlseilen befestigt ist, vermittelt es einen schwebenden, von Leichtigkeit geprägten Eindruck. Auch die Lichtführung ist bewusst gewählt. Die Ausleuchtung erfolgt über die Nordseite des oberen Abschlusses des Chors auf die Vorderseite des Kruzifixes, wodurch dieses aufgehellt wird. (Florian Jung, Kreisheimatpfleger Deggendorf)